Lucky Strike hat die Frauen befreit. Schliesslich war es ihnen in den USA bis Anfang des 20. Jahrhunderts verboten, in der Öffentlichkeit zu rauchen. Darauf hatte der Konzern die schlaue Idee, genau diesen Missstand in seine Werbekampagnen aufzunehmen und daraus Profit zu schlagen.
Ein Buch von:
Andi Zeisler

Andi Zeisler ist Autorin, Publizistin und Kritikerin mit Schwerpunkt Feminismus und Popkultur. Sie ist Mitbegründerin von «Bitch Media», einem feministischen Non-Profit-Medienprojekt, zu dessen Publikationen das Magazin «Bitch» gehört. Andi Zeisler lebt in Portland im US-Bundesstaat Oregon www.bitchmedia.org.
Mehr dazu:
«Das Problem der feministischen Unterhosen»: – eine Besprechung des Buchs «Wir waren doch mal Feministinnen» von Marina Bolzli in der «Berner Zeitung».
«Der Ausverkauf des Feminismus» – ein Artikel von Elisabeth Mittendorfer zu Andi Zeislers Buch «Wir waren doch mal Feministinnen» auf der Website «kurier.at».
Lucky Strike hat sogar einen Marsch der Freiheit organisiert und Demonstrantinnen angeheuert, die die Zigaretten als «Fackeln der Freiheit» hochhielten. Kurz darauf schoss der Anteil weiblicher Zigarettenkäuferinnen nach oben … Frauen gerieten zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Konsumentinnen in den Blick von Marketingfachleuten. Die «neue Frau» – weiss, aus der Mittelschicht stammend –, über genügend freie Zeit verfügend, bot den Anbietern die Möglichkeit, jedes Produkt zweimal zu verkaufen. Einmal Shampoo für Männer, einmal für Frauen. Einmal Cola für den Kerl, einmal für die Dame (kalorienreduziert). Später dann den Strampler einmal in Rosa und einmal in Blau und so weiter. Weil Frauen vorher keine eigenständigen Konsumentinnen waren und wenig am öffentlichen Leben teilnahmen, pries man ihnen die neuen Konsumgüter variantenreich als Wege in die Autonomie an. Nun machten Parfums plötzlich selbstbewusst, der Dampfkochtopf war das Beste für Businessfrauen, und dass ein BH nicht einfach ein Kleidungsstück ist, weiss ja jedes Kind. Werbung muss mit Bildern arbeiten, auch das ist klar, aber was die Marktwirtschaft sich punkto Rollenbilder alles einfallen liess und lässt, geht auf keine Kuhhaut, die noch einigermassen vernünftig denken kann. Was mit Konsumgütern geschehen ist, blühte leider auch der Kultur und der Popkultur. Schliesslich geht es auch bei den schönen Künsten letztlich darum, etwas zu verkaufen. Wen wundert’s also, dass auch Musik-, Film- und Medienkonzerne sich schamlos aus allen rhetorischen Trickkisten bedienen, um Geld zu machen. Flugs wird dann aus einem gewöhnlichen, das heisst männerlastigen Film ein echtes feministisches Machwerk, wenn nur eine weibliche Nebenfigur mal den Mund aufmacht, und eine Girlieband wie die Spice Girls werden zu Ikonen der Frauenbewegung, wenn eine von ihnen an einer Pressekonferenz das Wort Gleichberechtigung in den Mund nimmt. Doch in der Realität sind Frauen in der Musikindustrie noch immer unterrepräsentiert, Hollywood ist eine Männerbastion, und die Modemacher, die ein feministisches Statement auf ihre T-Shirts drucken, kümmern sich einen Deut um die Millionen von Frauen, die gerade in der Kleiderindustrie bis heute ausgebeutet werde.
Christine Schnapp
Andi Zeisler:
«Wir waren doch mal Feministinnen»
Vom Riot Grrrl zum Covergirl.
Wallstein-Verlag, Göttingen 2016.
Der Ausverkauf einer politischen Bewegung.
Rotpunktverlag, Zürich 2017.
300 Seiten. ISBN 978-3-85869-726-4.